2020/2021 WS: Einführungsseminar Mittelhochdeutsch (Hofert)
Können Einhörner gefangen, Drachen besiegt und der Heilige Gral gefunden werden? In der deutschsprachigen Literatur des Mittelalters ist vieles möglich. Hier begegnen uns fabelhafte Wesen, mythische Dinge und eindrucksvolle Figuren, deren Namen wie Artus, Siegfried oder Tristan noch heute bekannt sind. Doch unterscheidet sich das moderne Bild vom Mittelalter und seinen Helden häufig von dem, was die historischen Überlieferungszeugen zeichnen. Um mittelalterliche Quellen in ihrer Besonderheit zu verstehen, braucht es neben dem Bewusstsein ihrer historischen und kulturellen Entstehungsbedingungen auch Kenntnisse der Grammatik und Sprachgeschichte – denn das Mittelhochdeutsche (als mittelalterliche Vorstufe unserer heutigen Sprache) ist zwar keine Fremdsprache, kann aber stellenweise wie eine fremde Sprache erscheinen.
In diesem Kurs wollen wir den Spuren mittelalterlicher Sprache und Literatur folgen: Die Erarbeitung kultureller und wissenshistorischer Hintergründe, die gemeinsame Lektüre von Auszügen verschiedener Primärtexte und das Verstehen der mittelhochdeutschen Grammatik gehen dabei Hand in Hand. Ziel des Seminars ist es, eine Grundlage zu schaffen für eine vertiefende Beschäftigung mit mittelalterlicher Sprache und Literatur. So werden Sie am Ende des Semesters verstehen, warum die Erde keine Scheibe war, sondern ein Ei, und warum ein Drache mit einer duftenden Blüte besiegt werden kann, denn: "uns ist in alten maeren wunders vil geseit".